FAIRTRADE muss fairer werden!

SchokoFair nahm als Aussteller auf dem Fairtrade Kongress in Köln vom 18.-20.9.19 „Fair begegnen-Fair gestalten“ teil.
Der Kongress hielt, was er versprach: es trafen sich viele Menschen, denen fairer Handel wichtig ist, zum intensiven Austausch!
Wer nun welchen FT-Town-Preis gewann, wie man besser PR für Fairtrade macht oder welcher Trend in der öffentlichen Beschaffung gerade up to date ist, all dies interessierte Schokofair weniger.
Uns ging es um die Glaubwürdigkeit.
Gemeinsam mit unserer Partnergruppe aus Melle bildeten wir auch viele Teams, die überall in den Kongresshallen die Diskussion suchten.
Für uns Schülerinnen, Schüler und Lehrer sind nicht die Bauchschmerzen der Konzerne und der Politik bei den „komplexen Problemen im Kakaosektor“ wichtig, sondern wie es gelingt, die Kakaobauern aus ihrer Armut zu holen und allen Kindern endlich den Schulbesuch zu ermöglichen.
Immer noch müssen über 2 Millionen Kinder in Westafrika auf den Kakaoplantagen schuften. Grundlegende Kinderrechte wie Bildung, Gesundheit und ein Leben ohne ausbeuterische Arbeit werden ihnen verwehrt.
Schlimm ist, dass Zertifizierer wie UTZ oder Rainforest Alliance vorgeben nachhaltig zu sein. Zur Nachhaltigkeit gehört jedoch die „soziale Verträglichkeit“ eines Produkts. Wer den Kakaobauern keine Mindestpreise garantiert, sondern nur Schulungen gibt und den katastrophal niedrigen Kakaopreis zahlt (aktuell nur ca. 2000-2300 US-Dollar pro Tonne), schafft zertifizierte Armut und handelt NICHT nachhaltig.
UTZ und Rainforest graben mit ihrem billigen Siegel Fairtrade sogar die Firmen ab. Mittlerweile tragen 2/3 aller zertifizierten Schokoladen das UTZ und Rainforest Siegel.
Weitere Infos hier von Inkota.

Fairtrade ist vielen Firmen „zu teuer“, obwohl Fairtrade mit 2.400 US-Dollar Mindestpreis pro Tonne plus 240 US-$ Prämie immer noch weit entfernt ist, seinen Kakaobauern ein existenzsicherndes Einkommen zu geben. Fairtrade errechnete für die Côte d`Ivoire selbst 3.467 US-$ pro Tonne als living income.
Die meisten kennen diese Zahlen nicht, sondern gehen davon aus, dass die Fairtrade zertifizierten Kakaobauern fair bezahlt werden.
Leider fehlen ihnen ca. 800 US-$ pro Tonne zum Existenzmininum. Dieter Overath erklärte uns, dass der Preiskampf der Konzerne dazu führt, dass sogar 60% des Fairtrade Kakaos nicht zu Fairtradepreisen verkauft werden kann. Die Folge: Diese 60 % der Fairtrade Bauern erhalten dann auch KEINE Fairtrade Prämie (also die 240 US-$), so dass ihnen sogar ca. 1000 US-$ pro Tonne zum existenzsichernden Einkommen fehlen.
Wir haben mit einem extra erstellten Wissens-Quiz über 300 Kongressteilnehmer zum Mitmachen gewonnen. Viele wussten diese Details nicht und stimmten uns zu, dass Fairtrade hier unbedingt besser werden muss.
Wir hatten einen regen Austausch mit unseren Aussteller-Nachbarn von den Fairtrade Schools. Viele waren auch nicht einverstanden mit den aktuellen Fairtrade-Standards. Ein Mannheimer Lehrer berichtete uns, dass die Fairtrade-School-Gruppe im Sommer faires Eis anbieten wollte. So organisierten sie das bekannte „Ben&Jerry’s“-Eis. … bis Schüler der Oberstufe recherchierten, dass nur 18% Fairtrade in diesem Eis steckt. Und wenn man dann auch noch weiß, dass dieser Fairtrade-Kakao die Bauern nicht aus der Armut führt, ist man fassungslos.
Unser Infostand war ein echter Magnet. Viele fotografierten unsere Plakatwand. Viele wollen nun auch im Internet gegen Rainforest protestieren (siehe Inkota).
Auch konnten wir viele Unterschriften sammeln, dass Frau Merkel endlich Gesetze (Lieferketten und Sorgfaltspflichten-Gesetz) auch gerade zum Schutz der Kinderechte macht. Super ist, dass bei den vielen Unterschriften auch Dieter Overath vom Transfair Vorstand dabei ist.
Werbung machten wir beispielsweise für GEPA Schokis. Die Fair Trade Company zahlt freiwillig ihren Kakaobauern ein living income.
Wir hatten auch hohen Besuch an unserem Ausstellerstand: Frank Zach, Kongress Speaker vom DGB, tauschte sich lange mit uns aus und findet unsere Initiative wichtig. Susanne Schmeier von Engagement Global ermutigte uns zur Zusammenarbeit und will uns beraten.
Nele Thiemann von Transfair interviewte uns für ihre Masterarbeit über die Erfahrungen, die wir in der Mitarbeit im FORUM NACHHALTIGER KAKAO gemacht haben.
Sie sind dort zwar alle sehr freundlich zu uns, aber die Manager von Firmen, Handel und auch die Politiker sind in der Sache knallhart und tun sehr viel, um gesetzliche Regelungen für die Einhaltung der Menschenrechte zu verhindern. Industrie und Handel denken und handeln eben in Quartalsgewinnzahlen!! Wir setzen auf Bundesminister Gerd Müller und seinen Gesetzes Entwurf sowie auf die gemeinsame Kampagne „Stoppt Kinderarbeit!“
Insgesamt war es ein aufregendes Erlebnis für uns.
Großen Dank auch an Fairtrade, dass sie uns den Status eines Ausstellers ermöglichten.